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Startseite : 2001 Psychische Gesundheit : Presse : Ess-Störungen

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Oft sind es nur zwei Kilo, die weg sollen, um den Maßen der Models ein Stück näher zu kommen. Wird daraus jedoch eine Dauerdiät, kann sie der Einstieg in eine Bulimia nervosa oder Anorexia nervosa sein. Ess-Störungen nehmen seit Jahren deutlich zu und zählen inzwischen zu den häufigsten weiblichen Erkrankungen. Zwei bis vier von 100 Frauen im Alter von 18 bis 35 Jahren sind in Deutschland von einer Bulimie betroffen. Die Dunkelziffer ist hoch, der Mechanismus tückisch - ein Teufelskreis aus Fasten, Heißhungerattacken und Erbrechen. Seit einiger Zeit ist eine Zunahme der Bulimie auch bei Männern feststellbar.


Ursachen

Bulimie und Anorexie werden zu den psychosomatischen Erkrankungen gerechnet. Die Ursachen liegen beinahe immer in der Kombination aus einer bestimmten Persönlichkeitsstruktur, mangelndem Selbstwert und gesellschaftlichen Trends. Ein großer Teil der Bulimien entwickelt sich aus einer Anorexie. Bulimiker sind normal- bis übergewichtig und wollen nicht zunehmen. Eine 1998 publizierte Studie des Western Psychiatric Institute of Pittsburgh kam darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass vieles für eine genetische Beteiligung spricht. Bulimie-Erkrankte wurden möglicherweise mit einem Ungleichgewicht zwischen Neurotransmittern geboren, das die Anfälligkeit für Ess-Störungen erhöht. Dies gilt besonders für Serotonin, das im ZNS u.a. Stimmungslage, Angst und Appetit steuert. Der Wert scheint erniedrigt zu sein, bevor der Teufelskreis aus Essen und Erbrechen beginnt. Eine Anorexia nervosa liegt vor, wenn das Gewicht nur noch 85 Prozent oder weniger im Vergleich zum mittleren Gewicht der Altersgruppe beträgt. Vielfach besteht ein ausgeprägter Bewegungsdrang bis hin zu exzessivem sportlichen Training.

Da die Anorexia nervosa meist erstmals vor dem 21. Lebensjahr auftritt, also in einer Phase einschneidender körperlicher, seelischer und sozialer Entwicklungen, wird sie auch als Pubertätsmagersucht bezeichnet. Dennoch ist die Anorexie keine "alterstypische Erkrankung", sondern Glied in einer langen Kette von Störungen. Etwa 95 Prozent der Betroffenen sind Mädchen, die Mehrzahl im Alter zwischen 15 und 18. Sie entwickeln erhebliche Ängste vor jeder Nahrungsaufnahme und Gewichtszunahme, hungern nahezu bis zum Skelett ab und fühlen sich trotzdem zu dick. Auf Grund einer Körperschemastörung finden sie sich schön so spindeldürr.

Als einen Grund dafür machen Forscher das gegenwärtige androgyne Schönheitsideal verantwortlich. Ein fataler Trend, dem viele nicht standhalten können und eine regelrechte Zwanghaftigkeit entwickeln: Jede Diät wird zum persönlichen Kampf gegen jene Hirnsysteme, die Hunger, Appetit, Sättigung, Essverhalten und damit die Nahrungsaufnahme regulieren. Werden vor lauter Selbstbeherrschung die Signale nicht mehr wahrgenommen bzw. ständig unterdrückt, entgleist die Nahrungsaufnahme und gerät zur Sucht: Magersüchtige wollen abnehmen, obwohl sie bereits ausgemergelt sind.

Aus psychologischer Sicht scheint hinter der Anorexia nervosa ein verzweifelter Kampf um Selbstbehauptung zu stecken. Magersucht hat Signalcharakter und ist ein destruktiver Bewältigungsversuch für schwere seelische Konflikte, die gerade auch in scheinbar heilen Familien auftreten. Viele Patientinnen leiden unter einer problematischen Beziehung zur Mutter. Somit kann der Stolz auf den Gewichtsverlust zum einzigen Pfeiler des Selbstwertgefühls werden und sich schließlich zum alleinigen Lebenssinn verselbständigen. Auch das Essverhalten in der Familie kann ursächlich sowohl für eine Magersucht als auch für eine Bulimie sein. Essgestörte Jugendliche übernehmen ihr Verhalten oft von den eigenen Eltern, die sich ihrer eigenen Ess-Störung nicht bewusst sind. 


Behandlung

Am besten aufgehoben sind Bulimiker und Magersüchtige in Einrichtungen, die sowohl die körperlichen Komplikationen therapieren als auch eine Ernährungs- und Psychotherapie durchführen. Allerdings gibt es nur wenige Einrichtungen, die eine spezialisierte Behandlung für das komplexe Krankheitsbild anbieten. Zentraler Ansatzpunkt der Psychotherapie ist, die irrationale Angst vor der Gewichtszunahme zu überwinden. Gleichzeitig lernen die Patienten, ein positives Selbstbild unabhängig von Schlankheitsidealen aufzubauen. 

Die Behandlung beider Ess-Störungen erfolgt im Rahmen eines mehrstufigen Therapieplans und findet oftmals sowohl stationär als auch ambulant statt. Inhaltliche Schwerpunkte, Dauer und konkrete Maßnahmen werden exakt auf die individuelle Problematik abgestimmt. Voraussetzung für den Erfolg ist, dass die Patienten bereit sind, sich intensiv mit sich selbst zu beschäftigen.

Wie für jede Behandlung gilt auch für Ess-Störungen: Schnelle Erfolge sind selten. Doch je früher sie einsetzt, umso besser sind die Chancen auf einen weniger schweren Verlauf; umso besser ist die Prognose, völlig zu genesen. Leider ist das nicht immer der Fall. Bei etwas mehr als 40 Prozent der Erkrankten wird nach Erfahrungen am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf bei rechtzeitiger Behandlung eine komplette Heilung erzielt. Knapp einem Drittel geht es bei gelegentlichen Rückschlägen besser, nicht wenige werden noch von Depressionen und/oder Ängsten gequält. Bei einem weiteren Drittel verläuft die Krankheit chronisch. Fünf bis 15 Prozent der Magersüchtigen sterben. Dauert die Erkrankung 20 bis 30 Jahre, liegt die Todesrate bei 15 bis 20 Prozent. Ein Teil stirbt durch Suizid, ein Teil an den Folgen der Unterernährung.


Quelle: 

Weltgesundheitstag 2001 "Psychische Gesundheit - erhalten & wiederherstellen", 6. April 2001, Köln
Durchgeführt: Bundesvereinigung für Gesundheit e.V. (BfGe)1, i. A. des Bundesministeriums für Gesundheit


Redaktion:

Pressebüro Weltgesundheitstag 2001, 3K Agentur für Kommunikation GmbH, Silke Hofmann
Wiesenau 27-29, 60323 Frankfurt am Main, 
T.: 069 / 97 17 11 13, F.: 069 / 97 17 11 22, 
E-Mail: info@3K-Komm.de






1Zusammenschluss der Bundesvereinigung für Gesundheit e.V. (BfGe) und des Deutschen Forums Prävention und Gesundheitsförderung im Jahr 2007 zur Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. (BVPG)